Gibt es noch Wildpferde in Deutschland?

Wir haben für euch die Wildpferdebahn in Dülmen besucht

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Wäre es nicht schön, wenn wir einfach immer im Reiturlaub wären? Leider geht das natürlich nicht. Wer trotzdem etwas Schönes mit Pferden erleben möchte, dem legen wir sehr die Wildpferdebahn in Dülmen ans Herz, über die wir euch heute berichten wollen, denn wir waren für euch da. Wildpferdebahn? Gibt es überhaupt Wildpferde in Deutschland? Ja, es gibt noch richtige Wildpferde in Deutschland und in Dülmen lebt eine ganz schön große Herde. In diesem Blogbeitrag, der zugegeben ganz schön lang geraten ist, wollen wir euch von unserem Besuch bei den Wildpferden erzählen.

Unser Besuch bei den Wildpferden in Dülmen

Ehrlich gesagt, war es reiner Zufall, dass wir auf die Wildpferdebahn in Dülmen gestoßen sind, denn wirklich bewusst war uns nicht, dass es heute noch Wildpferde in Deutschland gibt – und erst recht nicht so viele! Auf der Wildpferdebahn in Dülmen leben etwa 400 Tiere. Das hat unser Interesse geweckt und wir haben auch gleich einen Termin für eine Führung ausgemacht. Natürlich kann man sich das nicht wie eine Führung durchs Museum vorstellen, denn schließlich besucht man Wildtiere.

Nach der Arbeit haben wir uns also aufgemacht. Im Auto quatschen wir ein bisschen, über das was uns erwartet. So richtig können wir uns nicht vorstellen, was wir erleben werden und fragen uns vor allem, wie wild Pferde auf einer Wildpferde”bahn” überhaupt leben können. Bekommen wir tatsächlich wilde Pferde zu sehen? Oder stehen wir doch nur an einem Zaun und beobachten Pferde, wie wir es auch auf Reitställen an den Koppeln tun. Als wir ankommen, wird recht schnell klar, dass das wohl nicht der Fall sein wird. Um überhaupt in die Nähe der Herde zu kommen, müssen wir und die anderen Besucher mit Försterin Friederike R. erst einmal ein ganzes Stück auf das Gelände fahren, bis die Herde in Sicht kommt. Obwohl wir wussten, wie groß die Herde ist, sind wir gleich vom ersten Moment an beeindruckt: Vor unseren Augen grasen hunderte von Pferden – Gott sei dank regnet es nicht, denn dann wären die Tiere schon längst irgendwo im Wald verschwunden.

Wildpferde Dülmen: Herde
Wildpferde Dülmen: Herde

Die Försterin beginnt mit einem kleinen Einstieg und erinnert uns und die anderen Besucher daran, dass wir nicht auf einem Hof sind, und dass es sich um wilde Tiere handelt, die weder gefüttert noch gestreichelt werden können bzw. gefüttert und gestreichelt werden dürfen – denn die Pferde sollen in jeder Hinsicht wild bleiben. Wir freuen uns, dass wir schließlich doch recht nah an die Herde herandürfen. Zwei kleine Mädchen haben sogar das Glück, von ein paar neugierigen Jungtieren beschnüffelt zu werden. Friederike erklärt, dass besonders Kinder aufgrund ihrer Größe häufig näher an die Pferde herankommen, vor allem an die Fohlen und jüngeren Wildpferde. Wir denken uns: Das können wir auch, denn zugegeben, wir sind nicht viel größer als Kinder. Und zu unserer Freude, bekommen auch wir unseren „magischen“ Moment mit einer Wildpferdemama und ihrem (?) Fohlen. Ob es wirklich Mama und Fohlen war, oder einfach zwei neugierige Fellnasen, die nichts miteinander zu tun haben, wissen wir nicht.

Die Führung ist ein ganz wundervolles Erlebnis. Försterin Friederike kennt sich mit der Geschichte und dem Verhalten der Wildpferde aus und erzählt uns viel Spannendes über die Herde und wie sie lebt. Auch die ein oder andere lustige Anekdote ist dabei – alles in allem eine wunderbare Kombination und eine wunderbare „Führung“. Denn im Prinzip wird man natürlich nicht wirklich über das Gebiet geführt, das dafür übrigens auch viel zu groß wäre. Die 400 Pferde stehen jedoch immer zusammen und hat man sie einmal gefunden, bleibt man zusammen mit der Försterin stehen und lauscht ihren Geschichten.

Am Ende bekommen wir noch die Chance, uns ein wenig Zeit zu nehmen, um die Tiere in Ruhe zu beobachten und ein paar Erinnerungsfotos zu machen – denn so nah werden wir Wildpferden wahrscheinlich nicht mehr sein. Ein paar von unseren Fotos wollen wir gleich hier mit euch teilen und auf unserem Instagram Account werden wir regelmäßig Videos und Bilder von unserem Erlebnis teilen. Wir freuen uns aber auch, wenn ihr noch ein wenig weiterlest, denn wir erzählen euch, was wir über die Wildpferde in Dülmen gelernt haben. Natürlich aber nicht alles, denn Försterin Friederike freut sich darauf, dass ganz viele von euch bald an einer Führung teilnehmen. Davon abgesehen, kann sie ihre Anekdoten ohnehin viel schöner erzählen als wir.

Die Geschichte der Wildpferde in Dülmen

Wer hat gerade als junges Mädchen oder Junge nicht den ein oder anderen Pferdefilm über ein Wildpferd gesehen? Jedenfalls diejenigen unter uns, die schon früh das Pferdefieber gepackt hat, waren wahrscheinlich damals fasziniert von Wildpferden, denn irgendwie hatten sie etwas Magisches. Die Geschichte deutscher Wildpferde ist leider nicht ganz so romantisch, wie wir es aus Filmen kennen.

Westfalen war schon immer Pferdeland. Fun Fact: Die Cranger Kirmes geht auf einen ehemaligen Pferdemarkt zurück. Auch Wildpferde gibt es hier schon lange. Ursprünglich galten Wildpferde jedoch als jagdbares Wild – genau wie zum Beispiel Rehe. Pferde zu jagen, war aber gar nicht so einfach, denn so geschickt wie die Cowboys ihre Lassos in Filmen auch werfen mögen, in der Realität ist das nicht besonders ertragsreich. Eine Strategie der Wildpferdejäger war es, sich von Bäumen auf den Rücken eines Pferdes fallen zulassen – klingt gefährlich und ist es auch! Besonders schwer war das Jagen von Wildpferden, da natürliche Herden nur aus etwa 12 Pferden bestehen. Hier liegt der Ursprung der heutigen 400 Pferd starken Herde in Dülmen. Um die Jagd zu erleichtern, vergrößerte man früher Wildpferdherden und schaffte sogenannte „Wildgestüte“. Die Pferde lebten hier zwar immer noch „wild“ jedoch in einer künstlichen Herdengemeinschaft und auf einem eingezäunten Gebiet. Ein anderes Wort für ein solches Wildgestüt ist „Wildpferdebahn“, ein Name, der sich bis heute erhalten hat, auch wenn die Tiere nun nicht mehr gejagt werden.

Wildpferde in Deutschland lebten also schon immer in Herden, zuerst kleine, dann große – ein romantisches Zusammentreffen mit einem wilden, vereinsamten Hengst, den man schließlich zähmt, ist und war also schon immer leider mehr Fantasie als Wirklichkeit. Aus den künstlich vergrößerten Herden ergab sich außerdem recht schnell ein Problem: Es gab zu viele Hengste. In den kleinen ursprünglichen Wildpferdherden gab es einen Leithengst. Männliche Fohlen bleiben nach dem Heranwachsen normalerweise nicht bei der Herde. Zur Paarungszeit setzt der stärkste Hengst sich durch und die schwächeren Hengste wandern ab. Dies ist auf den Wildpferdebahn nicht möglich. Um das dauerhafte gewaltsame Aneinandergeraten der Hengste zu vermeiden, begann man die Hengste aus der Herde herauszufangen und zu verkaufen. Bis heute findet daher jährlich ein Wildpferdefang statt, bei dem die Junghengste gefangen und schließlich verkauft werden.

Long story short: Heute besteht die Herde nur noch aus Stuten.

Wildpferde in Deutschland – Sind die Wildpferde in Dülmen noch echte Wildpferde?

Die Wildpferdherde in Dülmen besteht heute also nur noch aus Stuten. Damit ihr Fortbestehen gesichert werden kann, wird jährlich zur Paarungszeit ein Hengst der Gruppe zugeführt. Hierbei handelt es sich nicht immer um den gleichen Hengst und auch nicht immer um einen Hengst, der ursprünglich aus der Herde stammt – so wird Inzucht vermieden und die Gesundheit der Herde garantiert. Bei der Auswahl der Hengste aus anderen Wildpferdherden wird darauf geachtet, dass sie die grundlegenden Merkmale der Dülmener Wildpferde teilen: Helle Fellfarbe, dunkle Mähne und Aalstrich. Ähnlich also wie bei der Zucht von anderen Pferderassen. Aber kann man dann überhaupt noch von Wildpferden sprechen?

Wildpferde Dülmen: Herde mit Fohlen


Das kommt ein wenig darauf an, wie man „Wildpferd“ definiert. Denn wenn man die Genetik der Tiere betrachtet, dann gab es schon im Mittelalter keine „echten“ Wildpferde mehr. Bereits zu dieser Zeit wurden Hauspferde eingekreuzt. Trotzdem gibt es heute Wildpferde in Deutschland und die Dülmener Herde gehört dazu, denn auch wenn der Genpool nicht völlig natürlich entstanden ist, ist die Herde verhaltensbiologisch wild. Das heißt, sie „leben wild“. Die Dülmener Wildpferde leben auf einem Gebiet von 400 Hektar, auf dem sie sich frei bewegen, leben und auch sterben können. Nur unter besonderen Umständen wird ihnen Futter gegeben oder in den natürlichen Prozess eingegriffen. Größtenteils sind die Pferde auf sich allein gestellt. Das heißt auch, dass sie den Einflüssen der Umwelt ausgesetzt sind. Besonders der Klimawandel und die zunehmenden Regenfälle erhöhen die natürliche Sterberate der Wildpferde in Deutschland und auch der Dülmener Wildpferde. Wie viele Tiere der Herde genau sterben, weiß man jedoch nicht. Försterin Friederike erklärt uns, dass die Tiere sich meist schon frühzeitig von der Herde absondern und irgendwo im Wald schließlich alleine sterben. Das sei der natürliche Lauf der Dinge und Teil des Erhalts einer tatsächlich wilden Herde. Der Klimawandel ist jedoch nicht ganz so natürlich und Friederike erklärt uns, dass man sich auch um die Wildpferde sorgen muss, denn die Natur und Tierwelt kann sich nicht mehr so schnell anpassen, wie unser Klima sich verändert.

Auch der jährliche Wildpferdfang der jungen Hengste ist offensichtlich nicht Teil des natürlichen Prozesses. Aber wie bereits erklärt, ist er nötig, um die Herde zu erhalten.

Der Wildpferdefang

Einmal im Jahr werden also die jungen Hengste aus der Herde gefangen – das ist übrigens ein Event, das man auch selbst erleben kann. Der Wildpferdefang hat eine lange Tradition und die jungen Männer – und bald sicher auch Frauen, denn nicht nur das Klima wandelt sich – stammen aus traditionsreichen Wildpferdfängerfamilien.

Der Wildpferdefang findet jährlich Ende Mai statt und hat sich über die Jahrzehnte stark gewandelt, denn mittlerweile liegt natürlich ein großer Fokus auf dem Wohl der Tiere. Gewisse Praktiken sind mittlerweile verboten und die Fänger müssen sich vor der Teilnahme bewerben und werden geschult. Alles soll möglichst stressfrei für die Tiere ablaufen. Genau um das zu garantieren, ist auch der Zeitpunkt des Fangs wichtig, denn Ende Mai sind bereits die neuen Fohlen da und die Mütter trennen sich von ihren Jungtieren des letzten Jahres. Besonders die jungen Hengste sind zu diesem Zeitpunkt orientierungslos, da sie keinen Platz in der Herde mehr haben. Daher laufen sie meist am Ende der Herde und sind leichter herauszufangen bzw. lassen sich nach dem Verkauf leichter zähmen und in ein neues Umfeld einbinden.

Die Hengste werden beim jährlichen Wildpferdefang als Reitpferde, vor allem aber auch als Zug- und Therapiepferde versteigert. Wir finden sehr interessant, dass besonders Pferde, die aus einer Wildpferdherde stammen, sich gut als Therapiepferde eignen sollen. Friederike erklärt, dass man dies vor allem in den letzten Jahren festgestellt habe. Das die Tiere „wild“ sind, sei kein Problem, denn die Jungtiere seien nur kurz bei der Herde gewesen und man könne sie daher noch leicht zähmen. Sie seien vor allem deshalb als Therapiepferde geeignet, da sie durch das Leben in der Herde sehr sozial sind.

Wie die sozialen Gefüge in der Herde funktionieren, ist übrigens sehr spannend, aber das lasst ihr euch am besten selbst bei einer Führung erzählen 😊

Und bevor wir uns hier völlig verzetteln und ein ganzes Buch über Wildpferde verfassen, machen wir an dieser Stelle erst einmal Schluss.

Euer RIDAYS-TEAM

Rasseportraits

Das Rasseportrait zum Dülmener Wildpferd und viele weitere Pferderassen findet ihr hier.

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